Mittwoch, 18. Februar 2009

Jubel, Trubel, Heiterkeit


Delmer Daves’ JUBAL – ein Erbsünde-Western

Das Merkwürdige an diesem schönen Farbfilm aus dem Jahre 1956, in dem ein ganz junger Charles Bronson dem Helden Glenn Ford in entscheidenden Szenen den Revolver zuwirft, ist der Name eben dieses Helden, der – wie so oft im Western – aus unbestimmter mythischer Vergangenheit auftaucht: Jubal Troop.

Es ist dies nicht allein die phonatorische Kuriosität, die bei der Nennung des Namens offenherzig zum Grinsen einlädt, – falls „Der Mann ohne Furcht“ (so der deutsche Titel) nicht gerade in cooler Abbreviatur als „Jube“ tituliert wird: sei auch du ein cooler Cowboy!); nein, vielmehr sind es die biblischen Konnotationen, die Jubal Troop so interessant machen, denn Jubal ist einer der Nachkommen Kains: „von dem sind hergekommen die Geiger und Pfeifer“ (1. Mose, 4, 22).

Ein Nachkomme dessen, der seinen Bruder aus Eifersucht erschlug und der darum von Gott mit einem Mal gezeichnet wurde. Ein Unschuldig-Schuldiger, ein ewiger Outlaw und Entrechteter. Und so bekennt unser Held Jubal auch freimütig, daß er immer seinem Unglück davonläuft. Ist nicht in allen Großen und Einsamen ein Kain, ein Ahasver, ein Fliegender Holländer verborgen?
Geht der wilde Etymologe Ezzelino zu weit, wenn er „Jubal Troop“ dem Geiste nach als „vom Haufen des Jubal“ deutet, was wiederum „aus dem Stamme Kains“ impliziert? Bestimmt geht er zu weit, allein – den Transgressiven gehört die Welt: Il faut vivre dangereusement, wie uns Nietzsche lehrt. Auch er ein Kain. Und da will ich kein Wenn und Kain Abel hören.
Was aber dieses wilde Denken nährt, ist die Tatsache, daß „Jube“, wohin er auch kommt, nicht Jubel, Trubel, Heiterkeit verbreitet, sondern Eifersucht erzeugt. Zunächst bei Pinky (Rod Steiger), der durch „Jubes“ Ankunft seine Vorrangstellung auf der Ranch bei Shep Horgan (Ernest „Smiley“ Borgnine) gefährdet sieht; dann bei Mae, Sheps Frau, die sich ziemlich deutlich an Jube ranschmeißt, aber bei ihm abblitzt; als dieser sich in ein junges Ding verguckt, das zu einer Gruppe Pilger auf der Suche nach dem gelobten Land gehört (ja, ja, irre, ich weiß), spitzen sich die Dinge zwiefach zu: zum einen wird nun die glimmende Eifersucht der Zurückgewiesenen vollends entfacht, zum anderen hat auch das junge Ding einen eifersüchtigen Pilgersburschen im Schlepptau, und alles überschlägt sich – es kommt zur Katastrophe. Durch Lüge und Verrat (und hier eröffnen sich nahezu shakespearesche Dimensionen) wird nun auch noch der Funke der Eifersucht im gutmütigen Shep, der Vaterfigur für Jubal, entzündet, und es kommt zum Duell. Mehr wird nicht verraten.
Aber man sieht auch so – die Eifersucht ist der Motor des Geschehens, so wie die Erbsünde, die felix culpa, der Beweggrund der Weltgeschichte ist: „Und ist da nicht, vergebens verleumdet und offiziell umgewertet, gerade am Anfang die Sache mit der Schlange, mit dem rebellisch-unabgegoltenen Ruf »Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum«, dem geschichtsbildenden, heraus aus dem Garten bloßer Tiere?“ (Ernst Bloch, Atheismus im Christentum, stw, S. 24). Wer noch die Bibel auf dem Schoß hat, vergleiche hierzu: 1. Mose 3, 5. So, jetzt aber gut.